KONRADS REGIONALGESCHICHTSFORSCHUNG
Wer die Geschichte seiner Heimat ernsthaft erkunden will, kommt nicht umhin, sich mit den alten Handschriften vertraut zu machen. Wer die Sütterlin-Schrift unserer Urgroßeltern lesen kann, hat es beim Einstieg ein wenig leichter. Aber: Schreibweise und Duktus im deutschen Sprachraum haben sich im Laufe der Jahrhunderte, vom Mittelalter bis zur Neuzeit, immer wieder geändert. Zu Luthers Zeiten schrieb man anders als im 19. Jahrhundert.
In jedem Falle lohnt es sich, wenn man alte Handschriften lesen kann. Erst dadurch machen die Recherchen Spaß und man gelangt hin und wieder zu erstaunlichen Funden. Nachfolgend einige Beispiele aus meinen Projekten.

2. Gesuch der Universität Jena um zeitweise Überlassung des Kellers in Kunitz für ihren Wein (1560). Quelle [2] Durchlauchtigster hochgeborener Fürst, e. fürstliche Gnaden sind meine unterthenige gehorsame schuldige und ganz willige Dienste in stedtem treuen Vleis zuvor. Gnediger Fürst und Herr. E[euer] F[ürstliche] G[naden] mir überschickten Bevehl sampt angeschlossener Rector, Doctor und Magister e.fl. gn. und derselben freuntlicher lieber Bruder Unneverßitett zu Jhena Zeddel, darinnen sie bei e.fl. gn. untertheniglich suchen und bitten ... ihnen zu ihren vorstehenden newen Wein einkaufft [Wein-Einkauf] den Keller zu Cuniz ein Zeitlang annehmen zu ir erkauffte Wein bis dieselben vergehren einlagern zu laßen gnediglich zuerkennen [zugestehen]. Hab ich in Untterthenigkeit empfangen und soll e.fl. gn.zu begnadten Bericht in Untterthenigkeit nicht verhalten, das es sich nicht an es ist sich eins? gutte Anzahl Weins nuhn ferner durch Gottes Segen zu ermelten?. Aber wie dem woll [wohl?] ich mitt Hülffe des Ampts den Wein so e.fl.gn. aus derselben Ämbtern und zum Halbteil in Zukunfft bekohmen werden, in e. fl. gn. Kellerei zu Jhena woll legen. Das alles e. fl. gn. bemelten Keller zu Kuniz zu denselben ... erwachßenen Wein nicht bedürfen, kohmen [kommen?] derwegen e. fl. gn. gedachten Professoren e. fl. gn. Unniwerßitet zu Jhena das Unterteill ermelter Keller zu Cuniz uff ein halb Jhar woll annehmen zu laßen bevohlen. Doch mitt der Contition [Bedingung] unnd Maß, das sie zu jeder Zeitt von Ihnen das kundgethan werden möchte, ehe gedachter Keller wiederumb ledigk machen. Aber das Oberteil ehngedachten Keller können e. fl. gn. in kenen Wege entratten [kann keinesfalls angeraten werden?]. Derwegen stelle [ich] in e. fl. gn. gnedigsten Gefallen, wo dieselben e. fl. gn. Herren? gedachten Professoren des ehegedachten Kellers halben mitt Einlegung irer ... erkaufften Wein gnedigst verstaden [verstatten?] wollen, das ich e. fl. gn. untterthenigst hab berichten sollen dann denselben in aller Untterthenigkeit zu dienen bin ich jeder Zeitt willigk und bereitt. Datum dienstags nach Anthonii (13. Juni) 1560. EFG untertheniger gehorsamer Diener Landweinmeister Wolf Rabe Anm.(wahrsch. von den Weimarer Beamten): Hierauff ist dem Weinmeister zur Antwortt geben unnd befohlen worden, dieweil man des Kellers ietziger Zeit nicht bedürffe, so solte der Weinmeister das Underteil desselbigen diesmals einreumen, uff Maß und Gestalt wie ehe bedacht. Wilhelmsburg den 19 Octobris anno 1560 Dieser Fund fand Eingang in meine Bücher: "Aus der Geschichte von Kunitz – Von den Anfängen bis 1814" sowie "Der Weinbau vor den Toren Jenas – Eine Spurensuche in Kunitz (2021)"
1. In der zweibändigen Handschrift des Tautenburger Amtsaktuars Gottlieb Martin Puhle findet sich auf Seite 84b diese Einführung zum Leben des Schenken Burkhard, Freiherr zu Tautenburg und Herr zu Frauenprießnitz (1566-1605). Quelle [1] Von denen Schencken, Freyherren zu Tautenburg, unter denen Kurfürsten und Hertzogen zu Sachßen, von Zeit der Reformation an BURCARDUS SCHENCK, ein Bruder des vorhergehenden Rudolphi, wird immer mit Recht Lumen Gentis Schenckianae genennet werden, denn sein gantzes Leben ist gleichsam eine zusammen hangende Kette von lauter herrlichen Thaten. Er ist ein großer Freund derer Wißenschafften gewesen, und hat sich durch seine Klugheit und durch seinen redlichen und menschenfreundlichen Character nicht nur die Gunst und Gnade aller damaligen Sächßischen Fürsten, sondern auch verschiedener auswärtiger Potentaten erworben. Seine mehreste Zeit ist er außerhalb der Herrschafft gewesen, jedoch hat er deren Aufnehmen keinesweges hinten angesetzet, vielmehr solche unter allen seinen Vorfahren am meisten zu einem ausnehmenden Flor [Blüte] gebracht, und mit sehr herrlichen Gebäuden gezieret. In seiner gantzen LebensGeschichte zeiget es sich, daß er weit von von der Filßigkeit entfernt, hiernächst aber auch ein Feind der Verschwendung gewesen sey, wodurch er denn in Stand gesetzet wurde, die auf der Herrschafft hafftenden väterlichen Schulden nicht allein nach und nach abzuführen, sondern auch einträgliche Landgüther darzu zu kauffen , ... Dieser Fund fand Eingang in mein Buch: Menschen und Ereignisse aus der Geschichte von Frauenprießnitz und Umgebung (2019)



3. Aus dem Ernennungsschreiben von Heinrich Habermalz zum Fürstlichen Weinmeister zu Kunitz (1634) Quelle: [3]. Bestallung des Weinmeisters Heinrich Habermaltzen zu Cunizs. Von Gottes Gnaden, Wir, Johann Philip, Herzog zu Sachsen[-Altenburg], Jülich, Cleve und Berg, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, Graf zu der Mark und Ravensburg, Herr zu Rauenstein, bekennen für Uns und den Hochgeborenen Fürsten, freundlichen, lieben Bruder und Gevatter, Herrn Friedrich Wilhelmen, Herzog zu Sachsen[-Weimar], Jülich, Cleve und Berg, und thun kundt gegen männiglich, daß wir unseren Weinmeister und Hauskellner zu Cunitz biß auf Widerruffen bestellet und angenommen. Dieser Fund fand Eingang in mein Buch: "Der Weinbau vor den Toren Jenas – Eine Spurensuche in Kunitz" (2021)
4. Kaufvertrag über die Pfarrgüter zu Schleuskau (1584) Die Abschrift des originalen Vertrages vom 23. April 1584 wurde vom Sieglitzer Pfarrer Michael Friedrich Crell (Amtszeit 1723-1741) im Jahre 1738 angefertigt anlässlich seiner Beschwerde bei der Altenburgischen Regierung über die Weigerung der Schleuskauer Bauern, das Lehngeld in voller Höhe zu entrichten. Quelle [4] Eigentliche Abschrifft des Anno 1584 gepflogenen Kauff-Contracts der eingepfarrten Gemeinde zur Kirchfahrt Schleußkau wegen der Pfarr-Güter daselbst Im Nahmen der Hl. Dreyfaltigkeit, und auch geschehenen Befehls der Durchlauchtigen Hochgebohrenen Fürstin und Frauen, Dorothea Susanna gebohrene Pfaltz-Gräfin beym Reihn, Hertzogin zu Sachsen, Landgräfin in Thüringen und Marggräffin zu Meißen, Wittwen, unserer Gnädigen Fürstin und Frauen, so ... auch auff vorhergehendem gepflogenen Rath der Ehrwürdigen, Achtbaren und Hochgelahrten, auch Edlen Gestrengen und Ehrvesten verordneten Herren eines Ehrwürdigen Kirchen-Raths zu Weimar unserer gebietenden Herren, Ist denen Nachbarn der eingepfarrten Gemeinde zur Kirchfahrt Schleußkau, im Amte Camburg gelegen, gehörig, ihre Pfarr-Güter im Dorfe und Flur Schleußkau, wiederum Kauf weise auszulassen angeboten worden und öffentlich vor der Kirche verkündiget. Demnach erstlichen und zwanzig Jahren solche Güter unserer Kirchfahrt? sind, darvon dem Pfarrhern jährlich 20 Rth Zinß bewidmet gewesen, und doch nicht alleine nichts davon bezahlet, und auch nichts daran gebessert, sondern vielmehr im Dorfe und Flur gäntzlich verödet und verwüstet worden ist, ist es einem Pfarrherrn hernach unmöglich gewesen, solche Güter wiederum zu rechten gebührlichen Nutz und Genießung aufzubringen, sonderlich auch, weil es von der Haupt-Pfarre Sieglitz eine große halbe Meil Weges gelegen, und also zu bessern und zu düngen gar unmöglich ist, ein Pfarrher auch derentwegen seiner pflegenden Seelen-Sorge gar nichts zu genießen und zu gewarten haben können. Wenn dann denen Eingepfarrten daselbst billig der Kauf und Praerogatio vor andern gehört, ... Dieser Fund fand Eingang in mein Buch "Abseits der Hauptstraßen – Ein Exkurs in die Geschichte von Schleuskau und Kleinprießnitz" (2022)

Quellen:
1. Puhle, G.M. Diplomatische Geschichte des Geschlechts der Herren Schenken zu Tautenburg und der Schenkschen Herrschaft gleichen Namens. Handschrift. Vol. 2 [ThULB: Ms. Soc. Thur. f. 1b]. (1774). pp. 84-114,
2. LATh - HStA Weimar. Gesuch der Universität Jena um zeitweise Überlassung des Kellers in Kunitz für ihren Wein. EGA, Reg. O, Bestand 6-11-0017, Sign. 746 (1560)
3. LATh - StA Altenburg. Die bey Jena gelegenen herrschaftl. Weinberge. Bestand Kammer zu Altenburg - Amt Altenburg, Sign. 1422, 19 ff. (1635-1695)
4. LATh - StA Meiningen. Pfarrer Michael Friedrich Crell contra einige Besitzer der Pfarrgüter zu Schleuskau wegen verweigerter Entrichtung des gewöhnlichen Lehngeldes. Staatsministerium, Abt. Kirchen- und Schulangelegenheiten, Sign. 4945 (1738-1748)